FB-aktuell_Journal_4_2014

Verena Arzbach

Medikamentenmonitoring Organschäden durch Arzneimittel vermeiden

weitere Kontrollen einzubestellen. Im No- vember besuchte der Arzt den Patienten zu Hause, zu diesem Zeitpunkt war al- les in Ordnung. Im darauffolgenden Fe- bruar rief die Ehefrau des Patienten den Hausarzt schließlich nach Hause. Ihrem Mann ging es plötzlich sehr schlecht. Das Blutbild des Patienten war katastrophal: Leukozyten 2,2 × 10 3 /µl, Erythrozyten 2,1 × 10 3 /µl, Hämoglobin 5,9 g/dl, Throm- bozyten 21 × 10 3 /µl. Der Patient wurde sofort ins Krankenhaus eingewiesen, wo er eine Woche später verstarb. 2 Der Hausarzt hatte im Laufe der Zeit die bei einer Methotrexat-Therapie notwen- digen Blutkontrollen vernachlässigt (Ab- bildung 1). Dadurch hatte er eine selten auftretende, aber schwerwiegende Ne- benwirkung, die Panzytopenie, überse- hen. Die Erkrankung ist, wie am Blutbild erkennbar, gekennzeichnet durch einen Mangel aller drei Zelltypen des Blutes, es besteht also gleichzeitig eine Leuko- zytopenie, eine Anämie (Mangel an Ery- throzyten) und eine Thrombozytopenie. Die Panzytopenie kann sich plötzlich und ohne Warnsignale entwickeln. Die Ursa- che ist in der Regel die Zerstörung von Stammzellen als Vorläuferzellen der Hä- matopoese und damit ein Funktionsver- lust des blutbildenden Knochenmarks. Das tragische Fallbeispiel macht deutlich, wie wichtig regelmäßiges Monitoring bei der Einnahme bestimmter Wirkstoffe ist. Treten Organschäden unter einer Arznei- mitteltherapie auf, können diese zu Kran- kenhauseinweisung, dauerhaften Schä- den, Behinderung oder schlimmstenfalls zum Tod führen. Untersuchungen aus verschiedenen Ländern haben gezeigt, Was war passiert?

Polypharmazie und Multimorbidität neh- men im Alter zu. Damit steigt auch die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittel- wirkungen (UAW). Die sichere Umset- zung der Arzneimitteltherapie in der Pra- xis ist daher wichtig: Risiken und arznei- mittelbezogene Probleme sollen wäh- rend des gesamten Medikationspro- zesses möglichst im Vorfeld erkannt und unerwünschte arzneimittelbedingte Er- eignisse (UAE) vermieden werden. Das Konzept der Arzneimitteltherapiesicher- heit umfasst dabei alle Maßnahmen, mit denen Fachleute, wie Arzt und Apothe- ker, den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels gewährleisten, ins- besondere solche Maßnahmen, die dazu beitragen, Medikationsfehler zu vermei- den. Der gesamte Medikationsprozess reicht von der Diagnose über eine Medikations- überprüfung in Arztpraxis und Apotheke, die richtige Information und Abgabe bis hin zur korrekten Anwendung durch den Patienten. In einigen Fällen ist der Medi- kationsprozess damit aber noch nicht ab- geschlossen. Bei bestimmten Wirkstoffen steht am Ende des Prozesses das Monito- ring, die regelmäßige Bestimmung von Laborparametern und / oder des Konzen- trationsspiegels des Wirkstoffs im Blut. Dies ist vor allem sinnvoll bei Patienten, die langfristig ein Medikament mit ge- wissem Risikopotenzial für UAE einneh- men. Beim Monitoring können – wie auch bei den anderen Teilschritten des gesamten Medikationsprozesses – Fehler auftreten: Beispielsweise wird zu selten getestet, der Therapieerfolg wird mit den Labortests nicht erfasst, der Arzt fragt nicht nach Symptomen oder ob der Patient das Arz-

neimittel korrekt anwendet. Diese Fehler können mitunter dramatische Folgen ha- ben. Das folgende Beispiel ist angelehnt an den Fallbericht Nr. 201 aus der Online- Datenbank „Jeder Fehler zählt“, bei der Ärzte anonym Behandlungsfehler melden können. Wegen einer rheumatoiden Arthritis er- hielt ein 79-jähriger Patient wöchentlich 7,5 mg Methotrexat als Basistherapie. Der Hausarzt führte Blutbild-, Leber- und Nie- renwertkontrollen anfangs in 14-tägigen Abständen durch, später alle vier Wo- chen. Eine im März durchgeführte Blut- bildkontrolle blieb ohne Befund, danach versäumte der Arzt, den Patienten für Verena Arzbach (Frankfurt am Main) studierte Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Nach der Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke volontierte sie bei der Phar- mazeutischen Zeitung. Seit April 2013 ist sie als Redakteurin der Pharmazeu- tischen Zeitung und des PTA-Forums beim Govi-Verlag in Eschborn tätig. Fallbeispiel

14 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe – as r al de Apothek k mmer Westfalen-Lippe

F rtbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2014 der Apoth kerkammer Westfalen-Lippe 14

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